--- Jule´s Beerdigung



Es waren über 200 Angehörige und Freunde
zum Abschied nehmen gekommen.





Der Weg

Ich kann nicht mehr sehn, trau nicht mehr meinen Augen.
Kann kaum noch glauben, Gefühle haben sich gedreht.
Ich bin viel zu träge, um aufzugeben.
Es wäre auch zu früh, weil immer was geht.

Wir waren verschworen, wär`n füreinander gestorben.
Haben den Regen gebogen und Vertrauen geliebt.
Wir haben versucht, auf der Schussfahrt zu wenden.
Nichts war zu spät, aber vieles zu früh.

Wir haben uns geschoben, durch alle Gezeiten.
Haben uns verzettelt, uns verzweifelt geliebt.
Wir haben die Wahrheit so gut es ging verlogen.
Es war ein Stück vom Himmel, dass es dich gibt.

Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet.
Hast jeden Verdruss ins Gegenteil verkehrt.
Nordisch nobel, deine sanftmütige Güte.
Dein unbändiger Stolz, das Leben ist nicht fair.

Den Film getanzt in einem silbernen Raum.
Vom goldenen Balkon die Unendlichkeit bestaunt.
Heillos versunken, trunken, weil alles war erlaubt.
Zusammen im Zeitraffer, Mittsommernachtstraum.

Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet.
Hast jeden Verdruss ins Gegenteil verkehrt.
Nordisch nobel, deine sanftmütige Güte.
Dein unbändiger Stolz, das Leben ist nicht fair.

Dein sicherer Gang, Deine wahren Gedichte,
deine heitere Würde, Dein unerschütterliches Geschick,
Du hast der Fügung deine Stirn geboten,
hast ihn nie verraten, deinen Plan vom Glück,
deinen Plan vom Glück.

Ich gehe nicht weg, hab meine Frist verlängert.
Neue Zeitreise auf fremde Welt.
Habe Dich sicher in meiner Seele.
Ich trag Dich bei mir bis der Vorhang fällt.
Ich trag Dich bei mir bis der Vorhang fällt.

© Herbert Grönemeyer


Das ist eins der Lieder gewesen welches zu Beerdigung gespielt wurde. Der Inhalt trifft ziemlich genau auf Jule und auch auf uns zu.

Die Trauerrede hielt eine Mutter die auch ihr Kind verloren hat. Es ist eine sehr schöne aber auch sehr schmerzliche Rede.

Ich habe für Euch die Trauerrede nieder schreiben lassen. Ich selber hatte nicht die Kraft diese Rede noch einmal durchzulesen und abzuschreiben...



--- Trauerrede

Die Sonne geht auf, genau dann, wenn man friert. Man erwärmt sich an der Sonne, jeder Strahl trifft unser Herz - plötzlich Sonnenfinsternis.

Sehr geehrte Angehörige, liebe Leidtragende, werte Trauergäste.

Das ist das Schwerste: einen Menschen, der einem sehr nahe war und der so gern lebte, adieu zu sagen, für immer. Sie trauern um Juliane Kluge, von vielen liebevoll Jule genannt und Sie weinen miteinander, um gemeinsam auszuhalten und durchzuhalten. Mit tiefem Schmerz und in Betroffenheit stehen Sie in dieser Stunde an der Urne einer jungen Frau, mit der Sie, liebe Angehörige, Freunde und Bekannte, bis vor wenigen Tagen noch in Geselligkeit und Fröhlichkeit verbunden waren.
Wenn ein geliebter Mensch so plötzlich und unvorhergesehen gestorben ist, wenn es in uns so viel Stellen gibt, die Mängel fühlen... die Sehnsucht haben nach Worten - nach Gesten - nach Umarmungen... nach dem vertrauten Klang der Stimme, der Schritte... so hält auch unser Leben inne. Vielleicht scheint es sogar still zu stehn; wir wissen nicht wie wir weiterleben sollen ohne die Tochter, Enketochter und Freundin...
Das Kind zu verlieren schlägt Ihnen, liebe Eltern, die tiefste Wunde die Sie überhaupt erleben können. Die geliebte Freundin zu verlieren schlägt Ihnen, lieber Chris, und all ihren Freunden eine sehr tiefe Wunde. Diese Trauer ist Schwerstarbeit für Leib und Seele - Es ist ein tausendmaliges Abschiednehmen. Wie heißt es: Nur indem die Lücke wirklich unausgefüllt bleibt, bleibt man durch sie miteinander verbunden. Es gibt keinen Königsweg durch diese Trauer. Alles, was Ihnen in dieser schmerzlichen Situation gut tut, wird das Richtige für Sie sein.
Sie weinen Tränen der Trauer, aber vor allem Tränen der Liebe und vielleicht werden Ihre Tränen zu Steinen für die Brücke, die Sie verbindet zwischen dem Hier und dem Dort. Die Trauer ist wie ein Gang über eine Brücke: Hinüber und Herüber. Hinüber dorthin, wohin der andere ging. Und zurück dorthin, wo man mit ihm war, all die Jahre des gemeinsamen Lebens.
Aber Trauern ist auch ein Vorgang der den trauernden Menschen wieder dem Leben zuführt. Lassen Sie alle Gefühle zu; jeder muß seinen Weg finden und jeder von Ihnen bewahrt auf seine Art und Weise Erinnerungen an Jule, und wie sagt man: Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist der Abschied. Jedoch die Dankbarkeit verwandelt im Laufe der Zeit die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie ein Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.
Juliane Kluge erblickte vor 18 Jahren das Licht der Welt - mit ihren sonnigen Gemüt bereitete sie vielen Menschen Freude in Ihrem Leben, und Sie, liebe Eltern, gaben Ihrem geliebten Hasen die Liebe und Fürsorge die Kinder brauchen um ihren Platz im Leben finden zu können. Sie wollte beizeiten selbstständig sein und hatte ein besonderes Talent sich selber zu organisieren. Jule hatte immer ein Ziel vor Augen. Um mit den Worten von Sebastian zu sprechen: Sie hat in einer Art und Weise gelebt, wie es sich viele nicht zu träumen wagen. Ehrlichkeit und Dankbarkeit, sowie Sinnlichkeit und Liebe waren Eigenschaften, die ihre Freunde an ihr schätzten; und sie sah das Leben selten als kompliziert an. Da sie selbst Freundin sein konnte, hatte sie auch einen großen Freundeskreis; denn gute Freunde machen unser Leben reich - viel mehr als alle materiellen Güter. Jule´s Familie gab ihr Geborgenheit und Sicherheit, aber so richtig ab ging das Leben für sie mit ihren Freunden. Alles was sie anfing, brachte sie auch bis zu Ende; und wenn ein Problem leicht zu lösen war, sagte Jule, dass es billig war. Sie genoss das Leben in vollen Zügen; da war die Schule - das Abitur; der Fußball - Sport; im Buschfunk erarbeitete Jule sich mit Freude Geld, um es aber auch schnell wieder auszugeben und sich so ihre Wünsche zu erfüllen. Da waren Partys mit ihren Freunden - und da ist ihr Freund Chris, den sie achtete und liebte. Ihr ganzes junges Leben war ein Erfolg, denn sie hatte das Glück keine bzw. wenige Niederlagen zu erfahren.
Wo so viel Licht ist, ist auch Schatten; das gehört zum Leben dazu und auch diese Phasen meisterte sie mit Hilfe ihrer Familie - und wenn es nicht ihre Stärke war Ratschläge von Mam und Paps anzunehmen, so kam sie doch nach einiger Zeit zur Einsicht, denn zu ihren Eltern verband sie eine tiefe innige Liebe; und auch die neuen Partner ihrer Eltern akzeptierte sie freundschaftlich.
Alle Menschen behalten Jule in strahlender Erinnerung, denn sie hatte einen neuen aufregenden Weg vor sich - sie war voller Lebenslust und sorgenfrei - da lag vor ihr das Biologie-Studium; die erste eigene Wohnung; im Dezember der Flug nach Australien zu Chris und vieles mehr.
Juliane lebte sehr aktiv und intensiv und ihre Lebensauffassung läßt sich vielleicht mit folgendem Zitat beschreiben: "Das Kostbarste, was der Mensch besitzt, ist das Leben. Es wird ihm nur einmal gegeben; und leben soll er so, dass nicht sinnlos vertane Jahre ihn schmerzen... Und er soll sich beeilen mit dem Leben; kann doch eine dumme Krankheit oder irgendein tragischer Zufall es ihm nehmen..."
Und es kam für Sie alle so schmerzlich dieser tragische Zufall. Ihr Licht erlosch und wird auf dem langen Weg der Trauer noch heller erstrahlen.
Der Tod gehört zu unserem Leben, sagen wir. Doch jetzt, jetzt wo er da ist dieser viel zu frühe Tod, da haben ganz gewohnte Worte wieder einen neuen Klang. Der Tod bleibt fremd. Doch auch das gehört dazu, dass unser Herz anfängt Gewohntes neu zu hören, noch sorgsamer zu empfinden.
Wir erinnern uns an Gewohntes; an Jule´s Gewohnheiten: "Moin" sagte sie zu jeder Tages- und Nachtzeit - sie war ein Nachtmensch - nach dem Prinzip: der Tag fängt erst am Mittag an - sie war eine liebenswürdige unordentliche "Chaosqueen". Sie dachte rational und effektiv; war clever, direkt und absolut ehrlich; selbstbewußt ohne Ende; lebenshungrig und auf sie konnte man sich verlassen. Jule lebte körperbewußt und modisch und da war die Haarsträhne, die sie sich immer aus dem Gesicht strich. Sie hörte ihre Musik gern laut - u.a. von Pink, den Ärzten und sie tanzte liebend gern zu ihrer Merengue-Musik, die ihre Lebenseinstellung ausdrückte.
Als Lebende ist Juliane nicht mehr unter uns, doch wird sie in Gedanken und Gefühlen nicht sterben. Sie werden ihr oft begegnen in Ihren Erinnerungen an sie und ihr kurzes aber sonniges Leben - in den Bildern, die sie von ihr haben; in Ihren Herzen, in Ihren Träumen vielleicht. Diese Gedanken, in denen Sie sie wiederfinden können, hüten Sie wie einen kostbaren Schatz.
Sie liebe Eltern, liebe Angehörige möchten allen danken, die Ihnen auf so vielfältige Art und Weise ihr Mitgefühl zeigen - die Ihnen Mut machen weiter zu gehen, und die Sie geduldig so annehmen, wie Sie jetzt sind.
Die Trauer wird ein langer Weg sein und fordern Sie nichts von sich, was gegen Ihr Gefühl geht. Indem Sie ein leidender, ein liebender Mensch sind, finden Sie Kräfte die Sie anders nicht gewinnen.
Seien Sie gesegnet, dass Sie die Unsicherheit aushalten und Ängste verstehen können bis Sie wieder festen Grund spüren unter Ihren Füßen und ein neuer Tag Ihnen sein Licht schenkt. Viele Menschen brauchen Ihre Erfahrung und alles was in Ihnen an Trost und Hilfe wächst.
Eine sehr schmerzhafte Aufgabe, vielleicht die Schwerste ist für Sie, liebe Angehörige und Freunde, die Verstorbene loszulassen. Aber es hilft sich daran zu halten, was einem geblieben ist. Die Erinnerung an Jule und die Liebe sind nicht verloren und das Sprechen über ihren geliebten Hasen, über die Enkeltochter, über die Freundin, kann ein wenig helfen den Schmerz des Loslassens zu ertragen. Unsere Lieben wachsen, wenn sie gegangen sind in uns hinein; werden ein Teil von uns; geben uns ihre Liebe und Kraft und am Ende bewahren wir sie unsichtbar in uns.
Tragen Sie Jule´s Liebe weiter so gut Sie können. Ich wünsche Ihnen, dass daraus die Kraft wächst, die Sie durch den Schmerz und die Tränen tragen.


Abschied

Und sollt ich gehen,
solange Du noch hier,
so wisse, daß ich weiterlebe,
nur tanz´ ich dann zu einer anderen Weise,
hinter einem Schleier, der mich Dir verbirgt.
Sehen wirst Du mich nicht,
jedoch hab nur Vertrauen.
Ich warte auf die Zeit,
da wir gemeinsam
neue Höh´n erklimmen,
Bis dorthin leere Du den Becher Deines Lebens
bis zur Neige, und wenn Du mich brauchst,
laß nur Dein Herz mich leise rufen,
... ich werde da sein.
Ich liebe Dich!